Tätowieren in der Kirche
Die Katholische Erwachsenenbildung Frankfurt (KEB) und das Citykloster Liebfrauen luden ein, sich live und gratis in der Kirche tätowieren zu lassen

Tätowieren in der Kirche – das ist so ungewöhnlich, dass es sowas wirklich nur in Frankfurt geben kann. „Wir wollen damit zeigen, dass wir nah dran sind“, sagt Dr. Markus Breuer, Leiter der KEB. „Nah an den vielen, bunten Menschen dieser wunderbaren Stadt und nah am echten Leben in einer Metropole.“ Zeitgemäß wolle man den Menschen begegnen – auf Augenhöhe, mit echtem Interesse und mit dem Wissen, dass Spiritualität viele individuelle Ausdruckformen habe.
Interview mit Silas Becks zum ersten Tattoo-Walk-In 2021
Aufzeichnung vom Sommer 2021
Tätowieren in der Liebfrauenkirche
Das ist ein Erlebnis, das ewig bleibt: eine ganz individuelle Tätowierung mitten in der Kirche! Die Katholische Erwachsenenbildung Frankfurt (KEB) und das Citykloster Liebfrauen laden ein zu einer Neuauflage der weltweit ungewöhnlichsten Tätowieraktion – dem Free-Tattoo-Walk-In 22!
Am Samstag, 10.09.2022 ist Silas Becks aus Stuttgart mit zwei weiteren Tätowierkünstlerinnen in der Liebfrauenkirche Frankfurt, um mitten im gotischen Kirchenschiff die Nadel surren zu lassen. Becks ist einer der erfolgreichsten Künstler der Branche und ein Top-Experte, wenn es um tätowierte Schrift und Kalligrafie geht. Hauchfeine Linien, elegante Schattierungen und filigran geschwungene Symbole sind sein Markenzeichen. Mit der Tätowiernadel geht er akzentuiert, feinfühlig und detailreich um. Wer sich ein ganz persönliches, kleines und unvergängliches Zeichen vollkommen kostenfrei abholen möchte, kann ganz einfach mitmachen.
Ab Freitag, 01.07.2022 schaltet die KEB die Anmeldeseite frei: https://eveeno.com/tattoo-walk-in
Dort den passenden Termin aussuchen, buchen und im September in die Liebfrauenkirche kommen. Dort dann bloß noch aus einigen Motiv-Vorlagen den eigenen Favoriten auswählen und los geht es. Selbstverständlich läuft alles unter geltenden Hygienevorschriften ab.
Tätowieren in der Kirche – das ist so ungewöhnlich, dass es sowas wirklich nur in Frankfurt geben kann. „Wir wollen damit zeigen, dass wir nah dran sind“, sagt Dr. Markus Breuer, Leiter der KEB. „Nah an den vielen, bunten Menschen dieser wunderbaren Stadt und nah am echten Leben in einer Metropole.“ Zeitgemäß wolle man den Menschen begegnen – auf Augenhöhe, mit echtem Interesse und mit dem Wissen, dass Spiritualität viele individuelle Ausdruckformen habe, ergänzt er beim Interview im Haus am Dom.
Überraschenderweise ist das Tätowieren eine uralte christliche Tradition. Diese ewig bleibenden Bilder auf dem eigenen Körper zu tragen, ist besonders in Pilgerorten noch heute verbreitet, quasi wie eine Art Stempel im Pilgerbuch. Die zur Auswahl stehenden Motive beim Free-Tattoo-Walk-In 22 in der Liebfrauenkirche sind aber garantiert modern und zeitlos-elegant.
Wer eine ausgedehnte, zweistündige Tattoo-Session mit Silas Becks gewinnen möchte, kann über Instagram an der Tattoo Challenge teilnehmen. Voraussetzung ist, dass man schon irgendein Tattoo hat, das etwas mit Glaube, Religion oder Spiritualität zu tun hat. Dann einfach ein Foto davon posten auf dem eigenen, öffentlichen Instagram-Account. Wer das Ganze mit #KEBbindabei kennzeichnet, nimmt automatisch an der Auslosung teil. Zu gewinnen gibt es zweimal eine „private“ Session von etwa zwei Stunden bei Silas Becks. Die Gewinner besprechen und planen ihr Wunschtattoo vorab gemeinsam mit dem Künstler.
Tätowiert wird dann für die Gewinner am Freitag, 09.09.2022 in der Liebfrauenkirche, von 15 Uhr bis etwa 17:30 Uhr und für die zweite Person von 19:30 Uhr bis etwa 21:30 Uhr. Die KEB lost am 12.08.2022 abends mit einer Instagram-Liveübertragung aus: https://www.instagram.com/keb_klartext.bildung/
Bereits im Oktober 2021 fand der erste Free-Tattoo-Walk-In in der Liebfrauenkirche statt und stieß auf begeistertes Interesse und großes Medienecho – weit über Frankfurt und Deutschland hinaus.
PM (AKH), 23.06.2022
Das Tätowieren ist eine uralte christliche Tradition
Das Tätowieren ist eine uralte christliche Tradition, es gibt sie sogar länger als die tridentinische Messe. Im Mittelalter versuchten die Franziskaner die Leiden Christi erfahrbar zu machen – auch mit Tätowierungen. Zudem findet man in vielen Pilgerberichten Erzählungen darüber, dass in Jerusalem, Santiago de Compostela und weiteren Pilgerorten insbesondere Franziskaner die Wallfahrer tätowiert haben. Es gab seinerzeit kein Stempelheft, um seine Pilgerfahrt zu dokumentieren. Vor hunderten von Jahren zeigte man seinen Arm, seine Hand vor um darauf einen Stempel zu bekommen, oder eben direkt etwas Bleibendes: ein Tattoo. Auch einige Kreuzzügler tätowierten sich, um christliche Zeichen an sich zu tragen. Zu der damaligen Zeit hatte man eben keine Ausweispapiere bei sich und der eigene Körper war das stabilste Medium, um sein Christsein zu dokumentieren. Koptische Christen stechen bis heute ein Kreuz unter die Haut – am rechten Handgelenk oder auf dem Handrücken. Alternativ gibt es vier Kreuzpunkte an der Fingerwurzel. Gerade in muslimisch geprägten Gesellschaften galt ein christliches Zeichen unter der Haut über Jahrhunderte als bleibendes Erkennungszeichen.
Mein Kollege Christopher Campbell hat die religiösen Dimensionen des Tätowierens in seinem Buch „Tattoo & Religion: Die bunten Kathedralen des Selbst“ (2019, Verlag Das Wunderhorn) eingehend untersucht. Hier kann man auch nachlesen, was es mit der Tätowierung des Apostels Paulus auf sich hat.
Generell kann man sagen, dass Tätowierungen bereits weit vor dem Christentum allgegenwärtig waren. Bereits „Ötzi“ vor rund 5200 Jahren trug Zeichen unter seiner Haut, ebenso wie später in der Antike römische Legionäre.
Heute sind die bunten Bilder, monochromen Symbole oder geschwungenen Linien längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Jede vierte Bundesbürgerin ist tätowiert. Bei der Altersklasse zwischen 25 und 45 Jahren ist es sogar knapp jede zweite. Darunter sind selbstverständlich auch viele Menschen, die sich selbst als religiös oder insbesondere christlich bezeichnen. Sie leben nun einmal nicht isoliert von einer Gesellschaft, in der die Hautbilder eine Selbstverständlichkeit und ein modernes Zeichen der individuellen Geschichte sind.
Ein Tattoo bildet ja immer etwas ab, das man nah bei sich tragen will: den Namen eines geliebten Menschen oder etwa ein individuelles Symbol, das Schutz und Trost spendet. Von daher hat eine Tätowierung in vielen Fällen eine äußerst spirituelle Dimension.
Das wollten wir von der KEB aufgreifen, ganz bewusst auch mit dem Gedanken, einmal etwas Atypisches außerhalb ausgetretener kirchlicher Wege und Aktionen zu machen: etwas, was irritiert und nicht mit Klischees daherkommt.
Bereits im Herbst 2021 hatten wir zum ersten Live-Tattoo-Walk-In in die lichtdurchflutete Liebfrauenkirche eingeladen. Die Resonanz war absolut überwältigend! Aus dem gesamten Bundesgebiet reisten Menschen, teils ganze Familien an, um sich in der besonderen Atmosphäre der Kirche ein kostenloses Tattoo stechen zu lassen. Leider konnten wir im vergangenen Jahr nicht allen Anfragen gerecht werden, da der Zeitraum der Aktion begrenzt ist. „Unser“ Tätowierer Silas Becks hätte sonst bis Weihnachten seine Nadel in der Kirche surren lassen. In diesem Jahr haben wir vorab feste Termine vergeben, um den Andrang zu koordinieren und zu kanalisieren. Innerhalb von nur sechs Stunden waren sämtliche verfügbare Tattoo-Termine vergeben! Das freut uns außerordentlich und bestärkt uns in unserem Tun.
Der LIVE-TATTOO-WALK-IN ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Zeichen, was Katholische Erwachsenenbildung in Frankfurt ist: nah an den vielfältigen Menschen dieser wunderbaren und modernen Stadt und nah am echten Leben in einer Metropole. Zeitgemäß wollen wir den Menschen begegnen – auf Augenhöhe, mit echtem Interesse und mit dem Wissen, dass Spiritualität viele individuelle Ausdruckformen hat.
Jede und jeder ist herzlich eingeladen, die besondere Atmosphäre dieses Events in der Liebfrauenkirche hautnah mitzuerleben.
PM AKH, 01.09.2022
Das Tätowieren ist eine uralte christliche Tradition
Die Katholische Erwachsenenbildung Frankfurt (KEB) und das Citykloster Liebfrauen laden ein zu einer Neuauflage der weltweit ungewöhnlichsten Tätowieraktion – dem Free-Tattoo-Walk-In 22! Dabei haben Interessierte die Möglichkeit, sich mitten in der Liebfrauenkirche Frankfurt ein bleibendes Zeichen unter die Haut stechen zu lassen. An der Tätowiernadel ist Silas Becks aus Stuttgart. Er ist einer der renommiertesten Künstler seines Fachs, mit einem Faible für feine, elegante Linien und filigrane Motive. Am Samstag, 10.09.2022 ist es soweit und viele haben sich bereits ihren persönlichen Tattoo-Termin gesichert.
Mit dabei ist auch Ulrike Kautz-Scheer aus Niddatal-Assenheim. „Ich will es für meine Tochter tun. Als Zeichen, dass wir ewig verbunden sind“, sagt die 61-jährige. Vor fünf Jahren ist ihre Tochter Nathalie Janine an Brustkrebs verstorben, mit nur 34 Jahren. Ein so immenser Verlust, dass Außenstehende ihn sich zwar ausmalen, in seinem ganzen Ausmaß aber niemals werden begreifen können. „Das war eine so schmerzvolle Zeit, die kann man sich kaum vorstellen“, räumt die verwaiste Mutter ein. Ihre Tochter habe damals geplant, sich ein Tattoo von Silas Becks stechen zu lassen, berichtet sie. Eigentlich fand Ulrike Kautz-Scheer Tätowierungen früher nicht ganz so toll. Das änderte sich grundlegend, als ihre Tochter sich tätowieren ließ – direkt als sie volljährig geworden war. Einen weiteren Hautschmuck von Silas Becks wollte die bereits erkrankte Tochter auch noch haben. Jedoch durchkreuzte der Brustkrebs diese Pläne. Zu einem Termin im Stuttgarter Tätowierstudio kam es nicht mehr.
Nun will Ulrike Kautz-Scheer dieses Vorhaben ihrer Tochter quasi nachholen: „Als ich in der Zeitung von der Aktion gelesen habe, stand für mich fest: da mache ich mit.“ Zum Zeichen der ewigen Verbundenheit mit ihrem verstorbenen Kind möchte sich die Wetterauerin einen Schmetterling tätowieren lassen. Der steht „als Symbol für meine Tochter, für Metamorphose und Wiederauferstehung.“
Sich selbst bezeichnet die sportlich aktive Frau aus Niddatal als sehr gläubige Christin. In der schweren Zeit des Abschiednehmens und der anhaltenden Trauer gibt ihr der Glaube Kraft. Mit ihrer Tochter auf ewig verbunden schaut sie daher mutig und zuversichtlich nach vorne: „Gott schenkt uns Eingebungen, aber wir selbst können über unseren Weg entscheiden.“
Ins Leben gerufen hat die Tätowieraktion in der Frankfurter Liebfrauenkirche Dr. Markus Breuer. Er ist Leiter der KEB und freut sich über die Anmeldung von Ulrike Kautz-Scheer.
„Genau das ist doch Kirche. Der konkreten Person zugewandt sein. Zugewandt in ihrer Not, ihrer Freude oder in irgendeinem sonstigen Anliegen. Das bedeutet Kirche… und zwar ganz gleich, ob diese Person etwas mit Kirche zu tun hat oder nicht“, plädiert er. Zeitgemäß will er den Menschen begegnen – auf Augenhöhe, mit echtem Interesse und mit dem Wissen, dass Spiritualität viele individuelle Ausdruckformen hat.
Alle Termine für den Free-Tattoo-Walk-In 22 sind derzeit ausgebucht. Weitere Infos, auch dazu, wie Sie sich völlig kostenfrei ein persönliches Tattoo und das besondere Erlebnis in der Liebfrauenkirche in Frankfurt sichern können, gibt es immer aktuell in Social Media auf https://www.instagram.com/keb_klartext.bildung/
PM AKH, 31.08.2022
Zeichen der Zuversicht
„Ich bin aufgeregt, aber nur wegen des Interviews, nicht wegen der Tätowierung“, lacht Antje Salg. Die 43-jährige Biologin aus Hainburg sitzt in der Liebfrauenkirche und die Sonne strahlt durch die bunten Fenster des Seitenschiffs, als sie den Ärmel ihres Shirts nach oben streift. Ihr linker Oberarm wird rasiert und vorbereitet. Der intensive Duft von Desinfektionsmittel statt Weihrauch liegt in der Luft und auf einem Tisch stehen Einmalhandschuhe und Küchenrollen parat, anstelle der sonst üblichen Gesangsbücher: Es ist Live-Tattoo-Walk-In!
Die Katholische Erwachsenenbildung Frankfurt (KEB) und das Citykloster Liebfrauen haben eingeladen, sich live und gratis in der Kirche tätowieren zu lassen und über 30 Menschen sind dieser Einladung gefolgt.
An der Tätowiernadel ist Silas Becks mit seinem Team. Der Stuttgarter Tätowierer gilt weltweit als einer der Besten seines Fachs und seine fein geschwungenen Kalligrafien sind sehr gefragt. Zudem ist der gläubige Katholik Gründungsmitglied der Societas Indelebilis (Verband katholischer Tätowierender). „Jeder Tätowierer weiß, es ist nicht nur Dienst am Körper, sondern auch Dienst an der Seele, denn was Menschen beim Tätowieren von sich erzählen ist teils starker Tobak“, betont er. Die bleibenden Zeichen unter der Haut sind daher häufig äußerliche Bekenntnisse zu einer inneren Haltung, „schließlich lässt sich eine Tätowierung nicht einfach abwaschen, oder ablegen wie ein Kleidungsstück.“ Ein Tattoo bildet daher immer etwas ab, das man nah bei sich tragen will: beispielsweise den Namen eines geliebten Menschen oder ein individuelles, auch religiöses Symbol, das Schutz und Trost spendet. So hat eine Tätowierung in vielen Fällen eine äußerst spirituelle Dimension.
In Liebfrauen liegen verschiedene Motive und kleine Schriftzüge mit christlichem Bezug zur Auswahl bereit. Antje Salg entscheidet sich für das Wort „Agape“, also die selbstlose, nicht sinnliche Liebe. „Wenn das so wäre, dass wir alle unsere Mitmenschen lieben und auch jeder und jede sich selbst, dann würde es uns allen besser gehen“, betont sie. Es ist bereits ihre vierte Tätowierung und ihr geht es um „Erinnerungen, die ich nicht nur im Kopf trage, sondern nach außen zeige“. Auch, wenn das Stechen des Schriftzugs teils schmerzhaft ist, würde sie es jederzeit wieder machen, sagt sie, als ihr neuer Körperschmuck zum Heilen mit Klarsichtfolie umwickelt wird, „denn das hier, in dieser phantastischen Atmosphäre der Kirche ist wirklich ein ergreifendes Erlebnis“.
Yvonne Schwarz und Maximilian Stadler sind extra schon am Tag zuvor aus der Nähe von München angereist, um dieses besondere Erlebnis auch zu haben. Für das junge Paar ist es jeweils nicht die erste Tätowierung. Er lässt sich das Wort „Faith“ stechen, zu Deutsch Glaube, sie trägt nun ein „Angel“ (Engel) auf ihrem Arm. Der Glaube ist den beiden jungen Leuten wichtig und auch die Verbindung mit etwas, das größer ist als man selbst. Die Tätowierungen sind quasi „Liebe, die unter die Haut geht“, betont die 23-Jährige.
David Beck ist bei der Stadtpolizei tätig. Daher hat er sich extra zuvor vergewissert, ob ein sichtbares Tattoo für den Dienstgeber in Ordnung ist und dieser gab grünes Licht. Jetzt ziert die rechte Hand des Polizisten der kleine, schwarze Schriftzug „Josua 1:9“. Welche Stärke der sportliche Mann daraus schöpft und wie glücklich er mit diesem Zeichen ist, spürt man, als er die Bibelstelle laut und mit kraftvoller Stimme zitiert. „Sei mutig und entschlossen! Lass dich nicht einschüchtern und hab keine Angst! Denn ich, der Herr, dein Gott, stehe dir bei, wohin du auch gehst“. Bei seiner Arbeit gibt es immer wieder herausfordernde Situationen und am Morgen weiß man nicht, ob man am Abend gesund nach Hause kommt, erklärt der Polizist die Auswahl des Zitats. Jetzt gibt ihm die Tätowierung tiefe Zuversicht.
Viele unterschiedliche Menschen kommen an diesem Wochenende in die Liebfrauenkirche, um sich tätowieren zu lassen. Junge Leute und Senioren, Frauen und Männer, tief religiös verwurzelte Menschen und auch die, die sich in kirchlichen Institutionen nicht zu Hause fühlen.
Der Initiator Dr. Markus Breuer, Leiter der KEB Frankfurt freut sich über den Andrang: „Die Suche nach Spiritualität wollen wir von der KEB aufgreifen, ganz bewusst auch mit dem Gedanken, einmal etwas Atypisches außerhalb ausgetretener kirchlicher Wege und Aktionen zu machen: etwas, was irritiert und nicht mit Klischees daherkommt“.
Bereits im Herbst 2021 hatten die KEB und das Citykloster Liebfrauen zum ersten Live-Tattoo-Walk-In in die lichtdurchflutete Kirche eingeladen. Die Resonanz war überwältigend. Aus dem gesamten Bundesgebiet reisten Menschen, teils ganze Familien an, um sich in der besonderen Atmosphäre ein kostenloses Tattoo stechen zu lassen. „Leider konnten wir im vergangenen Jahr nicht allen Anfragen gerecht werden, da der Zeitraum der Aktion begrenzt ist. Silas Becks hätte sonst bis Weihnachten seine Nadel in der Kirche surren lassen“, so Breuer. In diesem Jahr wurden daher vorab feste Termine vergeben, um den Andrang zu koordinieren und zu kanalisieren. Innerhalb von nur sechs Stunden waren sämtliche verfügbare Tattoo-Termine ausgebucht. Breuer sieht daher das Tun der KEB Frankfurt bestärkt: „Zeitgemäß wollen wir den Menschen begegnen – auf Augenhöhe, mit echtem Interesse und mit dem Wissen, dass Spiritualität viele individuelle Ausdruckformen hat.“
Die Tattoo-Aktion soll auch im kommenden Jahr weitergeführt werden. Wann und in welcher Form, will Breuer noch nicht verraten. „Aber wer der KEB Frankfurt in Social Media auf Facebook oder Instagram folgt, ist mit Sicherheit rechtzeitig informiert“.
Hintergrund:
Das Tätowieren ist eine uralte christliche Tradition, es gibt sie sogar länger als die tridentinische Messe. Im Mittelalter versuchten die Franziskaner die Leiden Christi erfahrbar zu machen – auch mit Tätowierungen. Zudem findet man in vielen Pilgerberichten Erzählungen darüber, dass in Jerusalem, Santiago de Compostela und weiteren Pilgerorten insbesondere Franziskaner die Wallfahrer tätowiert haben. Es gab seinerzeit kein Stempelheft, um seine Pilgerfahrt zu dokumentieren. Vor hunderten von Jahren zeigte man seinen Arm, seine Hand vor um darauf einen Stempel zu bekommen, oder eben direkt etwas Bleibendes: ein Tattoo. Auch einige Kreuzzügler tätowierten sich, um christliche Zeichen an sich zu tragen. Zu der damaligen Zeit hatte man eben keine Ausweispapiere bei sich und der eigene Körper war das stabilste Medium, um sein Christsein zu dokumentieren. Koptische Christen stechen bis heute ein Kreuz unter die Haut – am rechten Handgelenk oder auf dem Handrücken. Alternativ gibt es vier Kreuzpunkte an der Fingerwurzel. Gerade in muslimisch geprägten Gesellschaften galt ein christliches Zeichen unter der Haut über Jahrhunderte als bleibendes Erkennungszeichen.
Heute sind die bunten Bilder, monochromen Symbole oder geschwungenen Linien längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Jede vierte Bundesbürgerin ist tätowiert. Bei der Altersklasse zwischen 25 und 45 Jahren ist es sogar knapp jede zweite. Darunter sind selbstverständlich auch viele Menschen, die sich selbst als religiös oder insbesondere christlich bezeichnen. Sie leben nun einmal nicht isoliert von einer Gesellschaft, in der die Hautbilder eine Selbstverständlichkeit und ein modernes Zeichen der individuellen Geschichte sind.
PM AKH, 11.09.2022
So war der Live-Tattoo-Walk-In 2022














