Predigen – ganz ohne „Führerschein“

| KEB Main-Taunus

CATRIN LERCH MACHT IN MAIN-TAUNUS MIT BEI DER FRAUEN*PREDIGTWOCHE

LIMBURG/MAIN-TAUNUS | In einer katholischen Kirche predigen, auch ganz ohne Theologiestudium, Weihe und Soutane? Klar, das geht. Das Bistum Limburg lädt Haupt- und Ehrenamtliche dazu ein, sich an der Frauen*Predigtwoche im Herbst zu beteiligen. Die findet von Samstag, 7. Oktober, bis Sonntag, 15. Oktober 2023 bistumsweit statt. 
Mit dabei ist auch Catrin Lerch. Sie ist Gemeindereferentin in der Pfarrei Heilig Geist am Taunus mit Sitz in Schwalbach am Taunus.

Frau Lerch, wer genau kann mitmachen? Jede und jeder? Gibt es wie beim Führerschein sowas wie ein Mindestalter?
Eingeladen sind zunächst mal alle Haupt- und Ehrenamtlichen, nicht nur Frauen, auch wenn die Woche Frauen*Predigtwoche heißt. Uns im Vorbereitungsteam ist wichtig, dass Frauen* inklusiv verstanden wird und sich niemand ausgeschlossen fühlt.
Eine Art Führerschein oder Mindestvoraussetzungen gibt es nicht. Aber natürlich hilft es, wenn man Erfahrungen mit der Liturgie der Eucharistiefeier hat und sich traut, vor einer größeren Gruppe von Menschen einen selbstverfassten Text vorzutragen. Schließlich geht es in einer Predigt immer auch um ein Glaubenszeugnis.
Da es bei der Predigt ja um die Verkündigung der christlichen Botschaft bzw. um die Auslegung des Evangeliums geht, sind theologische Kenntnisse bzw. eine Verwurzelung im Glauben natürlich auch hilfreich. Und es bedarf immer der Absprache mit den Verantwortlichen, also dem Pfarrer vor Ort.

Muss man zum Mitmachen beispielsweise getauft sein – oder überhaupt katholisch sein?
Nein, beides ist nicht zwingend eine Voraussetzung. Aber natürlich braucht es eine Verbindung und Nähe zum christlichen Glauben. Die Predigt findet ja nicht irgendwann, irgendwo statt, sondern in der Eucharistiefeier der Gemeinde. Diesen Rahmen gilt es zu berücksichtigen.

Das Motto ist „Frauen*power – wir ergreifen das Wort – inspiriert von Teresa von Ávila und anderen klugen Frauen“. Das klingt ja erstmal etwas sperrig. Muss das in der Predigt irgendwie umgesetzt werden? 
Es ist natürlich möglich das als konkretes Thema zu wählen. Aber ich finde es wird auch dann umgesetzt wenn Frau* einfach ihr Können unter Beweis stellt, von ihrem Glauben spricht und so auch mal die weibliche Seite in der Verkündigung zum Tragen kommt. So folgt sie dem Vorbild vieler Frauen vor ihr.

Kann man predigen, was man will, oder muss man den Text der Predigt vorab irgendwem vorlegen, quasi zum „Gegenlesen“?
Jeder soll und darf seine Predigt selbst schreiben und muss sie nicht zur Korrektur oder zum „Gegenlesen“ vorlegen.
Wie bei jeder Predigt sollte man aber natürlich die Menschen im Blick haben, die die Predigt hören werden: Was ist für diese Menschen wichtig? Was hilft ihnen in ihrem Glauben weiter? Was trägt dazu bei, dass sie die Lesungstexte des Gottesdienstes besser verstehen können oder wie könnte frau den Text deuten und auslegen?

Teresa von Ávila ist eine Heilige, die vor rund 500 Jahren gelebt hat. Wenn wir das in unsere heutige Zeit übertragen: Welche aktuelle kluge Frau könnte denn Vorbild sein – und warum?
Vorbild ist für mich heute jede Frau, die sich nicht von traditionellen Rollenbildern und einem konventionellen Frauenbild vorschreiben lässt, wie sie ihr Leben zu gestalten hat. 
Jede sollte die Freiheit haben selbst über die Gestaltung ihres Lebens zu entscheiden.

Sie haben schon mal gepredigt. Geben Sie doch mal ein paar praktische Tipps, auf was man für eine gute Predigt achten muss. Wie lang soll die beispielsweise sein?
In unserer Pfarrei Heilig Geist am Taunus ist es auch für Laien kein Problem zu predigen, Gottes Wort zu verkündigen. Zuletzt habe ich zusammen mit Pfarrer Brückmann am Patronatsfest (Pfingsten) in St. Katharina gepredigt.
Die Predigt sollte nicht zu lang sein, also in etwa zehn Minuten. Außerdem sollte sie so  vorgetragen werden, dass man gut zuhören kann. Laut und deutlich zu sprechen und immer wieder im Blickkontakt mit den Zuhörer*innen zu sein hilft dabei. Wichtig ist, sich ein Thema zu wählen und dabei zu bleiben. Also nicht zwischen verschiedenen Themen hin und her zu springen. Ein roter Faden im Aufbau hilft, sich nicht in Einzelheiten zu verlieren. Dann können die Zuhörer*innen den Gedankengängen gut folgen.
Und natürlich sollte sie mit der Lebenswelt der Zuhörenden zu tun haben! Nichts ist langweiliger als ein Thema, das nicht interessiert oder betrifft.

Mal ganz „weltlich“ gefragt: ist eine Predigt überhaupt noch das richtige Format, um Menschen zu erreichen?
Sicherlich erreicht man mit einer Predigt Menschen nicht wie mit einer Zeitung oder über das Internet. Sie kann immer nur ein Baustein der Verkündigung sein. Für die Menschen, die zum Gottesdienst kommen, ist sie aber ein wichtiger Teil, aus dem sie oft einen Gedanken mit in die Woche nehmen oder sich gestärkt fühlen. Viele sind dankbar, etwas über die Hintergründe eines Bibeltextes zu erfahren oder Unterstützung erhalten wie dieser zu verstehen ist und was er für uns heute bedeuten kann.

Sie geben auch Religionsunterricht an Schulen – können Sie die Erfahrungen von dort auch mitnehmen für die Predigt? Gibt es Parallelen?
Ich unterrichte in der Grundschule. Die Art der Verkündigung in der Grundschule und bei der Predigt sind schon sehr verschieden. Die Parallele, die ich sehen würde, ist dass es immer darum geht, die biblischen Texte für das Gegenüber verständlich zu machen, Hilfestellung zu geben die christliche Botschaft zu verstehen und ggf. mehr über sie zu erfahren. Das sieht für Grundschüler und Erwachsene natürlich sehr unterschiedlich aus.

Wenn Sie an den Schulalltag denken – was interessiert junge Menschen heute noch am Thema Religion?
In der Grundschule, da sind die Kinder meist noch interessiert an allem, was neu oder spannend ist. Für die Kinder ist es vor allem ein schöner Gedanke, dass da jemand ist, der es gut mit ihnen meint und der sie beschützt.
Ich denke, Religion ist immer dann interessant, egal ob für jung oder alt, wenn ich erlebe, dass sie etwas mit meinem Leben zu tun hat und dass sie mir in meiner konkreten Lebenssituation eine Hilfe ist. 


Anmeldungen für die Predigtwoche sind bis 21. Juli 2023 möglich: bei Marion Stillger vom Referat für Mädchen und Frauenarbeit im Bistum Limburg, per E-Mail an  oder telefonisch 06431 295 380.
 

Hintergrund:
Im Bistum Limburg findet die Frauen*Predigtwoche bereits zum dritten Mal statt. Unterstützt wird sie auch von der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands – kfd, Diözesanverband Limburg. Die kfd gehört zu den Mitgliedsverbänden der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Limburg (KEB).

Für den Leiter der KEB, Johannes Oberbandscheid, ist die Laienpredigt auch eine Ausprägung des lebensbegleitenden Lernens. Er betont die Rolle der Bildung für einen stabilen gesellschaftlichen und innerkirchlichen Zusammenhalt: „Dass Einzelne neue Wege gehen, sich etwas trauen und zutrauen, ist ganz essentiell für eine gelingende Gemeinschaft. Grundlage dafür ist Bildung – sie ist Basis für Neuerungen.“ Das Erleben von Selbstwirksamkeit, dass die eigenen Taten und eigenen Worte zu Veränderungen und Verbesserungen für alle führen, sei wichtig für ein erfülltes Leben ergänzt Johannes Oberbandscheid. Und weiter: „Letztlich ist die Laienpredigt damit auch ein Element der Erwachsenenbildung.“

Die Frauen*Predigtwoche steht in Einklang mit dem auch von der Mehrheit der deutschen Bischöfe beschlossenen Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums durch Laien in Wort und Sakrament“ des Synodalen Wegs.
 

Annette Krumpholz
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Catrin Lerch steht vor einer Mauer und lächelt in die Kamera. Sie trägt eine Brille und eine grüne Bluse.
©Annette Krumpholz
Catrin Lerch hat schulterlange Haare, trägt eine Brille, eine silberner Kette mit Kreuz-Anhänger und eine grüne Bluse. Sie steht vor einer Mauer und lächelt.
Catrin Lerch ist Gemeindereferentin in der Katholischen Pfarrei Heilig Geist am Taunus. Sie macht mit bei der Frauen*Predigtwoche im Oktober. Foto: ©Annette Krumpholz
Catrin Lerch hat schulterlanges Haar, trägt eine grüne Bluse und silberne Kette. Sie steht vor einem grünen Busch.
©Annette Krumpholz
Catrin Lerch steht in einem sommerlichen Garten. Sie trägt eine grüne Bluse und hat schulterlanges Haar.
©Annette Krumpholz

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